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Neujahrsrede 2019 von Oberbürgermeisterin Simone Lange

- es gilt das gesprochene Wort -

Liebe Flensburgerinnen und Flensburger,

der Faszination der Zauberei kann sich niemand entziehen. Immer wieder ist es ein Erlebnis, das vor allem Kinderaugen staunen lässt und uns die eigene Verwirrung über das scheinbar Unmögliche fesselt und begeistert.

Mit Magie dem Alltag entfliehen, wer tut dies nicht gern einmal und wer hat nicht den Wunsch, Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Doch was ist Traum und was ist Wirklichkeit?

„Vielleicht ist das, was wir Leben nennen ein Traum und das, was wir Traum nennen das Leben“, philosophierte einst Platon 350 Jahre vor Chr.  Platon, der sich seinerzeit von seinem eigentlichen Interessengebiet der Politik abwandte und der Philosophie hingab. Er gründete die „Akademie“ eine Wissenschafts- und Philosophieschule in Athen, die über 900 Jahre bestand. Er verfasste nicht nur Schriften zur Ethik, Staatslehre, Kunst und Philosophie, er lehrte uns vor allem die Realität des Traums und, dass die unsichtbaren Dinge die Wirklichkeit sind.

Nun ist Flensburg nicht Athen, aber als Standort gleich zweier Hochschulen, unserer Europa-Universität und unserer Hochschule, die sich auch im vergangenen Jahr wachsender Beliebtheit erfreuten, als Hochschulstandort weiß Flensburg, wie viel Reichtum uns das Wissen über Hintergründe bringt, denn an dem Ausspruch „Wissen ist Macht“ hat sich bis heute nichts geändert. Die Bildungsstadt Flensburg ist stolz auf unsere Hochschulen, auf unsere gesamte Bildungslandschaft von der Kindertagesstätte an.

Auch im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam an unserem Anspruch, kein Kind zurück zu lassen, gearbeitet. Besonders hervorheben möchte ich die 2016 beschlossene Kita-Offensive, die wir 2017 umgesetzt und 2018 sehr positiv gespürt haben. Das Aufatmen der Kindergärten in Flensburg ist noch immer zu hören, dass mit dem zusätzlichen Personal unsere Kinder besser betreut und gefördert werden können. Dass dies möglich ist, ist Ihnen zu verdanken, liebe Flensburgerinnen und Flensburger, denn alles was die Kommune leisten kann, ist am Ende Ihre Leistung, sind Ihre Steuern und Beiträge, die wir dafür einsetzen können. Oft wird gefragt, wo landet eigentlich mein Steuergeld? Hier können Sie dies ganz konkret nachprüfen und erleben. Kinder sind unsere Zukunft. Sie bedürfen unserer Verantwortung und ich danke Ihnen, dass Sie uns dabei unterstützen.

Während unsere Hochschulen ganz im Sinne Platons Hintergründe erforschen, zeigen auch Sie tägliches Interesse an den Geschichten hinter den Geschichten. Wir alle wissen, dass die Dinge oft nicht so sind, wie sie scheinen und dass die wahren Geschichten oft unsichtbar sind, bis unser Interesse, das Interesse der Medien oder unsere Neugier sie ans Licht bringen.

Als ehemalige Polizeibeamtin habe ich viele Jahre mitwirken können aufzuklären und Licht ins Dunkel zu bringen. Als Kommunal- und Landespolitikerin habe ich mich gern für alle eingesetzt, die oft nicht gesehen wurden und dadurch benachteiligt waren. Auch und besonders als Oberbürgermeisterin liegt es mir am Herzen, genauer hinzuschauen und mit Ihnen gemeinsam die Bilder zu Strahlen zu bringen, die uns helfen, eine gute, faire und respektable Stadtgesellschaft zu sein, in der wir gern füreinander da sind.

Mit unserem Slogan „Flensburg liebt dich“ bringen wir nicht nur den immer mehr werdenden Touristen, die unsere Stadt besuchen Zuneigung und Wertschätzung entgegen, „Flensburg liebt dich“ ist in jeder Beziehung für jede und jeden von uns gültig. Und dass die Flensburgerinnen und Flensburger dies nicht nur auf Werbetafeln schreiben, sondern täglich leben, haben wir auch im vergangenen Jahr gemerkt. In Flensburg achten die Menschen aufeinander, sie unterstützten sich, helfen und sie sind mutig und hinterfragen. Ob kleine oder große Politik, soziale Netzwerke oder Tageszeitung, das Gerücht von nebenan oder die ausgestrahlte Nachricht.

Wir Flensburger sind bereit zu hinterfragen, weil wir wissen, dass wir nur dann erfolgreich mitgestalten können. Für diese Bereitschaft und den Mut des Hinterfragens möchte ich Ihnen danken und sie weiterhin darin unterstützen, so wie auch Sie mich unterstützt haben, als ich im Frühjahr 2018 mit meiner Kandidatur für eine gute, offene und faire Demokratie geworben habe, in der vor allem respektvoll miteinander umgegangen wird.

Zu hinterfragen kann nie ein Fehler sein. Dass Sie liebe Flensburgerinnen und Flensburger im vergangenen Jahr hinterfragt haben, weshalb wir uns von 3 Journalisten der Flensburger Lokalredaktion überraschend verabschieden mussten, zeugt von großem Zusammenhalt und dem in Flensburg gelebten Wir-Gefühl. In Flensburg gehören alle dazu und keiner soll verloren gehen. Das trifft für jeden Einzelnen und für alle unsere Institutionen, Unternehmen, Vereine und Verbände zu. Flensburg hat nicht irgendwelche Unternehmen am Standort, es sind unsere Flensburger Unternehmen, die wir wertschätzen und auf die wir stolz sind.

In Flensburg sind alle willkommen und wir kümmern uns um alle. Was wir nicht gern tun, ist Etabliertes und Erfolgreiches herzugeben. Wir geben weder unsere sportlichen Erfolge, ob im Handball oder Fußball  – einmal Meister – immer Meister – oder im Tanzsport,  Schwimmsport her. An Erfolgen halten wir genauso fest, wie an hoch geschätzten Menschen.

Das Engagement für die ehemaligen Lokalredakteure hält bis heute an, genauso wie das Engagement für die Mitarbeiter-Innen der Deutsche Post Tochter – DHL CSC.

Und wenn ich die Zuwendungen und Zuschriften der Flensburgerinnen und Flensburger hier einmal weitergeben darf, steht dahinter der große Wunsch, miteinander gute Lösungen zu finden, die den sozialen Frieden wahren. Unsere Stärken zu stärken, das wünschen sich die Menschen und ich finde das einen ganz wunderbaren Vorsatz für 2019.

„Friede ernährt, Unfriede verzehrt“, so steht es auf dem Nordertor und im Flensburger Ratssaal. Anlässlich des 100 Jahrestages des Ende des 1. Weltkrieges, das wir 2018 begangen haben, haben wir auf einer Vielzahl von Veranstaltungen über Hintergründe informiert und die Erinnerung wach gehalten.

Nur wer mit wachem Geist die Geschichte und die Geschichten wahrnimmt, ist gewappnet gegenüber Fehlentscheidungen und Unkenntnissen. Das trifft bis heute zu. Welche Opfer Unfriede und Krieg mit sich bringen, haben wir auch anlässlich der Erinnerung an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren wieder ins Bewusstsein gerufen. Ich danke ausdrücklich dem Bürgerforum Weiche, der jüdischen Gemeinde Flensburg und stellvertretend namentlich Bernd Philipsen. Sie haben mit ihrem Engagement nicht nur eine eindrucksvolle und lange im Gedächtnis bleibende Veranstaltung auf dem Gelände des Gutes Jägerslust organisiert, Sie haben es erreicht, dass der in den USA lebende Daniel Abraham, Sohn der Jüdin Toni Katz, die 1938 in der Pogromnacht das jähe Ende der jüdischen Gemeinschaft auf dem Gutshof Jägerslust erleben musste, dass Daniel Abraham, der nie einen Fuß auf deutschen Boden setzen wollte, unserer Einladung gefolgt ist und durch Ihre / unsere Herzlichkeit ein Stück Versöhnung fand. Daniel Abraham schrieb mir nach seiner Rückkehr in die USA, er wolle gern wiederkommen.

Das liebe Flensburgerinnen, liebe Flensburger beweist, dass Träume wahr werden können, dass Versöhnung immer möglich ist, aber nur von Mensch zu Mensch Realität werden kann. Ich wünsche Daniel Abraham, der jüdischen Gemeinde und allen in Flensburg lebenden Betroffenen von Krieg, Vertreibung und Verfolgung viele dieser menschlichen Begegnungen, die geschehenes Leid wieder gut machen und zu versöhnen helfen. Lassen Sie uns auch dies als guten Vorsatz mit ins neue Jahr nehmen und Güte zeigen, zum Versöhnen.

Mein Dank geht aber auch an die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften, die die historischen Termine im letzten Jahr ebenfalls zum Anlass von besonderen Erinnerungs-veranstaltungen genommen haben, immer mit dem Ziel, Verständigung und Versöhnung zu befördern.

Liebe Flensburgerinnen, liebe Flensburger! Ein Weiteres liegt mir für das kommende Jahr besonders am Herzen: Bei aller Leidenschaft unseres Handelns dürfen Respekt und Wertschätzung nie fehlen.

Die Würde des Menschen ist unantastbar! Und wir müssen wirklich aufpassen, dass mit verletzender Sprache nicht an der Würde unseres Handelns und unserer Persönlichkeit gekratzt wird.

Leidenschaftlich engagierte Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler prägen unsere Stadt. Ob freiwillige Feuerwehren, Sportvereine, Seniorenbetreuung, Kinderclubs, Selbsthilfegruppen, Kunst- und Kulturvereine. Die Liste der geleisteten ehrenamtlichen Tätigkeiten ist schier unendlich. Zehntausende engagieren sich täglich, freiwillig für andere Menschen im Sinne der Gemeinschaft.

Besonders hervorheben möchte ich auch in diesem Jahr, dass Sie es sind, die es geflüchteten Menschen ermöglichen, sich in Flensburg willkommen zu fühlen, und sie damit einen sehr großen Beitrag zur erfolgreichen Integration leisten. Nur wer sich willkommen fühlt, wird die Bereitschaft entwickeln sich einzubringen, und wer sich einbringt, wird auf eine Stadtgesellschaft treffen, die wieder bereit ist, neue Flensburgerinnen und Flensburger in die Arme zu schließen.

Respekt und Wertschätzung sind es, die und dabei Mut und Zuversicht geben und das macht Flensburg zu einer starken Stadt. Ich danke Ihnen, dass Sie sich stets für andere Menschen und unentwegt für andere da sind. Ehrenamt ist gelebte Nächstenliebe. Und ich beziehe das politische Ehrenamt hier ausdrücklich mit ein. Und ich werbe erneut und aus tiefster Überzeugung für das politische Ehrenamt, dessen Schwächung einer Schwächung gelebter Demokratie gleichkommt.

Die Kommunalwahl 2018 hat mit seiner niedriger Wahlbeteiligung gezeigt, dass das politische Ehrenamt mehr Zugewandtheit benötigt und deshalb freue ich mich, dass auch in diesen Jahr die Fraktionen der Flensburger Ratsversammlung hier heute mit eigenen Infoständen vertreten sind.

Liebe Flensburgerinnen und Flensburger: Gerade wenn Ihnen das Erscheinungsbild von Politik nicht gefallen sollte, gerade dann ist es notwendiger denn je, zu hinterfragen und mitzugestalten. Platon hatte sich zwar seinerzeit von der Politik abgewandt, aber er hat uns gelehrt, nichts unbeeinflusst zu lassen und zu verstehen, dass unsere Lebenswirklichkeit das Abbild unserer Ideen und unserer Mitgestaltung ist.

Es sind unsere Stärken, die unser Handeln prägen. Es ist unsere Güte, die versöhnen hilft und ob Respekt und Wertschätzung vorhanden sind, liegt allein an unserem Auftreten. Glauben sie mir, Platon blieb auch als Philosoph politisch und vielleicht hätte er heute gesagt, dass die Faszination der Zauberei schlussendlich nur hält, bis der Vorhand fällt. Die Faszination des Lebens aber uns dauerhaft in den Bann zieht.

Liebe Flensburgerinnen, liebe Flensburger,

Ich wünsche Ihnen für das kommende Jahr 2019 alles erdenklich Gute, bleiben Sie vor allem gesund, neugierig und wachsam. Ich bitte Sie, uns auch in diesem Jahr weiter zu unterstützen, unsere Stärke zu stärken, unsere Güte zu zeigen und all ihren Mitmenschen Respekt und Wertschätzung zu zollen.

Lassen Sie uns nicht im Schlappseil hängen, sondern eine fröhliche, aktive und strahlende Stadt sein!

Und Platon zurufen: Wir haben keinen Traum. Flensburg ist ein Traum, eine Traumstadt an der schönsten Förde der Welt!

Dank: SBV, FAB, WOGE Kiel, STW sowie Jam Studio und Deutsches Haus.